
Islamische Finanzprodukte sind in Luxemburg und in der Türkei ein Nischenprodukt. Beide Länder wollen es weiterentwickeln. In der Türkei hat man, im Gegensatz zu Luxemburg, bereits die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen.
Seit kurzem hat Luxemburg die islamische Finanzwelt für sich entdeckt. Bankgeschäfte nach den strengen Regeln der Scharia werden im Großherzogtum konsequent als Nischenprodukt vermarktet. Die Luxemburger Zentralbank ist ein vollwertiges Mitglied des „Islamic Finance Board“.
Seit kurzem hat Luxemburg die islamische Finanzwelt für sich entdeckt. Bankgeschäfte nach den strengen Regeln der Scharia werden im Großherzogtum konsequent als Nischenprodukt vermarktet. Die Luxemburger Zentralbank ist ein vollwertiges Mitglied des „Islamic Finance Board“.
Die islamische Finanzkultur wirtschaftet nach den Regeln der Religion. Strenggläubige Moslems dürfen weder Zinsen nehmen noch Zinsen zahlen. Auch dürfen sie ihr Geld nicht in Verbotenes wie Alkohol oder Glücksspiele investieren. Bei Scharia-kompatiblen Investmentfonds zum Beispiel überprüft regelmäßig eine Delegation von Gelehrten, ob diese Regeln eingehalten werden. Wenn nicht, wird der betreffende Gewinn herausgerechnet und gespendet.
Nischenprodukt
Auch in der Türkei seien islamische Finanzprodukte ein Nischenprodukt, erklärt Victor Vivaldi. Er ist Geschäftsführer der Yapi Kredit Bank, einer 50-prozentigen Tochter der UniCredit. Er spricht im Auditorium des Mudam zu Gästen der italienischen Bank – Diplomaten, Geschäftsleute und Bänker.
„In der Türkei“, so Vivaldi, „gibt es nur vier islamische Banken: die Bank Asya, die Türkiye Finans, die Albaraka Türk und die Kuveyt Türk. Sie machen, mit einem verwalteten Vermögen von 30 Milliarden Euro, gerade mal 4,2 Prozent des türkischen Bankensektors aus. Das Geschäftsmodell einer solchen Bank unterscheidet sich grundlegend von dem einer klassischen Bank“, erklärt Vivaldi. „Eigenkapital, wie es die klassische Buchhaltung kennt, gibt es nicht. Stattdessen gibt es Gewinn- und Verlust-Beteiligungskonten. Islamische Banken werden deshalb auch Beteiligungsbanken genannt. Wer sein Geld auf ein solches Konto legt, der erhält keine Dividenden. Vielmehr teilen sich die Bank und der Geldgeber den Gewinn – in der Regel 20 zu 80“, so Vivaldi.
Da die islamische Finanzkultur das Eingehen von Risiken ablehnt, kann – so der Bankdirektor – der Investor seinen Gewinn sehr gut abschätzen.
Zinsfreies Rentensystem
Auch auf der Schuldnerseite funktioniert eine islamische Bank anders als eine klassische. Zinsen sind im Islam verboten, ein Kredit also unmöglich. Also kauft die Bank das Objekt der Begierde und verkauft es mit einem Aufpreis in Raten an den Kunden weiter. Dieser Aufschlag macht islamische Finanzprodukte in Zeiten steigender Zinsen attraktiv, denn er ändert sich über die komplette Laufzeit unter keinen Umständen. In Zeiten sinkender Zinsen ist diese Eigenschaft für Bankkunden, die nicht aus religiösen oder ethischen Gründen auf islamische Finanz angewiesen sind, eher abschreckend, so Vivaldi. Damit dieses Geschäftsmodell funktionieren kann, bedarf es einer Infrastruktur, so Vivaldi. Das Modell sei in der Türkei im Gesetz verankert. „Die Stärke der Türkei ist es, Unterschiede akzeptieren zu können.“ Das Land verfügt seit 2010 sogar über ein zinsfreies Rentensystem.
In Luxemburg gibt es eine solche Initiative noch nicht. Lediglich Rundschreiben der Luxemburger Steuerverwaltung zu dem Thema geben Anhaltspunkte, wie mit Scharia-kompatiblen Verträgen umzugehen ist.
Das Geschäft mit dem Geld anderer
Bislang, so Vivaldi, haben Banken weltweit entweder das islamische oder das klassische Geschäftsmodell. Eine Mischform gibt es nicht. „Vielleicht in der Zukunft“, so der Banker. Ein Geschäftsmodell schlägt Jean-Jacque Rommes nicht vor. Der Geschäftsführer der Luxemburger Bankers’ Association ist der Auffassung, dass die islamische Finanzwelt Werte vertritt, die der klassischen Finanzwelt abhandengekommen sind.
„Das Geschäft mit dem Geld ist doch meistens das Geschäft mit dem Geld anderer“, so der Banker. Ein Geschäft also, in dem Werte wie Ehre und Vertrauen großgeschrieben werden sollten.
Schlechter Ruf
Geld, so Rommes, hat einen schlechten Ruf. Er verweist auf die Bibel. Im Alten Testament beten jene, die vom Glauben abgefallen sind, ein goldenes Kalb an und im Neuen Testament verrät Judas Ischariot Jesus für 30 Silberlinge. Auch heute, so Rommes, assoziieren viele Menschen Geld mit Verrat, Korruption und Kriminalität. Die islamischen Regeln halten dagegen. Laut diesen ist ein Vertrag eine Abmachung zwischen zwei gleichwertigen Partnern. „Was ist ein Vertrag denn anderes als eine Partnerschaft“, fragt Rommes. Eine Sichtweise, die heute oft vergessen werde. Die Regeln, die die Scharia vorgibt, findet Rommes sogar im Ansatz in der klassischen Finanzwelt wieder. Das Wort Usura, so Rommes, sei Lateinisch für Zins. Heute bedeutet das englische Useries Wucher. Das arabische Wort Riba für das Zinsverbot habe in etwa die gleiche Bedeutung, nämlich „Exzess“, erklärt Rommes.
Das islamische Verbot, ein Geschäft mit unbestimmtem Ausgang einzugehen, ein Geschäft also, bei dem der Zufall bestimmt, ob eine Partei nachher als Verlierer oder Gewinner dasteht, vergleicht er mit der Reglementierung des Glücksspiels. Nicht zuletzt verlangt das islamische Gesetz, dass nicht in solche Dinge investiert wird, die von der Religion als „Böse“ angesehen werden. Diesen Aspekt vergleicht der Banker mit dem Konzept des nachhaltigen Wirtschaften. Das Interesse vieler Länder an der islamischen Finanzwelt kommt nicht von ungefähr. Die moslemische Bevölkerung wächst schnell. Macht sie heute in Europa nur 7 Prozent der Bevölkerung aus, wird sie sich in 20 Jahren Schätzungen zufolge auf 10 Prozent belaufen.
source: Tageblatt.lu
Nischenprodukt
Auch in der Türkei seien islamische Finanzprodukte ein Nischenprodukt, erklärt Victor Vivaldi. Er ist Geschäftsführer der Yapi Kredit Bank, einer 50-prozentigen Tochter der UniCredit. Er spricht im Auditorium des Mudam zu Gästen der italienischen Bank – Diplomaten, Geschäftsleute und Bänker.
„In der Türkei“, so Vivaldi, „gibt es nur vier islamische Banken: die Bank Asya, die Türkiye Finans, die Albaraka Türk und die Kuveyt Türk. Sie machen, mit einem verwalteten Vermögen von 30 Milliarden Euro, gerade mal 4,2 Prozent des türkischen Bankensektors aus. Das Geschäftsmodell einer solchen Bank unterscheidet sich grundlegend von dem einer klassischen Bank“, erklärt Vivaldi. „Eigenkapital, wie es die klassische Buchhaltung kennt, gibt es nicht. Stattdessen gibt es Gewinn- und Verlust-Beteiligungskonten. Islamische Banken werden deshalb auch Beteiligungsbanken genannt. Wer sein Geld auf ein solches Konto legt, der erhält keine Dividenden. Vielmehr teilen sich die Bank und der Geldgeber den Gewinn – in der Regel 20 zu 80“, so Vivaldi.
Da die islamische Finanzkultur das Eingehen von Risiken ablehnt, kann – so der Bankdirektor – der Investor seinen Gewinn sehr gut abschätzen.
Zinsfreies Rentensystem
Auch auf der Schuldnerseite funktioniert eine islamische Bank anders als eine klassische. Zinsen sind im Islam verboten, ein Kredit also unmöglich. Also kauft die Bank das Objekt der Begierde und verkauft es mit einem Aufpreis in Raten an den Kunden weiter. Dieser Aufschlag macht islamische Finanzprodukte in Zeiten steigender Zinsen attraktiv, denn er ändert sich über die komplette Laufzeit unter keinen Umständen. In Zeiten sinkender Zinsen ist diese Eigenschaft für Bankkunden, die nicht aus religiösen oder ethischen Gründen auf islamische Finanz angewiesen sind, eher abschreckend, so Vivaldi. Damit dieses Geschäftsmodell funktionieren kann, bedarf es einer Infrastruktur, so Vivaldi. Das Modell sei in der Türkei im Gesetz verankert. „Die Stärke der Türkei ist es, Unterschiede akzeptieren zu können.“ Das Land verfügt seit 2010 sogar über ein zinsfreies Rentensystem.
In Luxemburg gibt es eine solche Initiative noch nicht. Lediglich Rundschreiben der Luxemburger Steuerverwaltung zu dem Thema geben Anhaltspunkte, wie mit Scharia-kompatiblen Verträgen umzugehen ist.
Das Geschäft mit dem Geld anderer
Bislang, so Vivaldi, haben Banken weltweit entweder das islamische oder das klassische Geschäftsmodell. Eine Mischform gibt es nicht. „Vielleicht in der Zukunft“, so der Banker. Ein Geschäftsmodell schlägt Jean-Jacque Rommes nicht vor. Der Geschäftsführer der Luxemburger Bankers’ Association ist der Auffassung, dass die islamische Finanzwelt Werte vertritt, die der klassischen Finanzwelt abhandengekommen sind.
„Das Geschäft mit dem Geld ist doch meistens das Geschäft mit dem Geld anderer“, so der Banker. Ein Geschäft also, in dem Werte wie Ehre und Vertrauen großgeschrieben werden sollten.
Schlechter Ruf
Geld, so Rommes, hat einen schlechten Ruf. Er verweist auf die Bibel. Im Alten Testament beten jene, die vom Glauben abgefallen sind, ein goldenes Kalb an und im Neuen Testament verrät Judas Ischariot Jesus für 30 Silberlinge. Auch heute, so Rommes, assoziieren viele Menschen Geld mit Verrat, Korruption und Kriminalität. Die islamischen Regeln halten dagegen. Laut diesen ist ein Vertrag eine Abmachung zwischen zwei gleichwertigen Partnern. „Was ist ein Vertrag denn anderes als eine Partnerschaft“, fragt Rommes. Eine Sichtweise, die heute oft vergessen werde. Die Regeln, die die Scharia vorgibt, findet Rommes sogar im Ansatz in der klassischen Finanzwelt wieder. Das Wort Usura, so Rommes, sei Lateinisch für Zins. Heute bedeutet das englische Useries Wucher. Das arabische Wort Riba für das Zinsverbot habe in etwa die gleiche Bedeutung, nämlich „Exzess“, erklärt Rommes.
Das islamische Verbot, ein Geschäft mit unbestimmtem Ausgang einzugehen, ein Geschäft also, bei dem der Zufall bestimmt, ob eine Partei nachher als Verlierer oder Gewinner dasteht, vergleicht er mit der Reglementierung des Glücksspiels. Nicht zuletzt verlangt das islamische Gesetz, dass nicht in solche Dinge investiert wird, die von der Religion als „Böse“ angesehen werden. Diesen Aspekt vergleicht der Banker mit dem Konzept des nachhaltigen Wirtschaften. Das Interesse vieler Länder an der islamischen Finanzwelt kommt nicht von ungefähr. Die moslemische Bevölkerung wächst schnell. Macht sie heute in Europa nur 7 Prozent der Bevölkerung aus, wird sie sich in 20 Jahren Schätzungen zufolge auf 10 Prozent belaufen.
source: Tageblatt.lu